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Infos rund um ADHS

  • Was ist das?
  • ADHS - Was ist das?

    ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Störung

    Es ist eine neurobiologische Störung, die sich durch Probleme in der Aufmerksamkeit, Impulsivität und oft auch Hyperaktivität äußert. Sie betrifft Kinder, Jugendliche und Erwachsene und kann erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben und die schulischen Leistungen haben.

  • Modediagnose?
  • Modediagnose ADHS?

    Populistische Medien sprechen immer wieder von der "Modediagnose ADHS". Dabei steht vor allem in Kritik, dass die Prävalenz (d.h. die Häufigkeit der Diagnose im Bezug auf die Gesamtbevölkerung) steigen würde, da die Diagnose zu schnell vergeben werden würde. Klinische Studien zeigen jedoch eher, dass die Erkrankung nicht häufiger auftritt, sondern unter den modernen Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen und den sich verändernden Anforderungen im Schulsystem der Leidensdruck größer wird und somit mehr Betroffene Hilfe suchen. Es ist davon auszugehen, dass es hierbei einen Deckelungseffekt geben wird und die Prävalenz relativ stabil bei ca. 5% stagniert.

    Auch zeigt sich die Symptomatik bei Mädchen und weiblich sozialisierten Personen anders als in Diagnostikwerken, wie dem ICD 10 oder dem DSM 5, beschrieben. Die Aufklärung darüber nimmt weiterhin zu. Was dazu führt, dass Frauen* nun vermehrt im Erwachsenenalter und auch Mädchen* und weiblich sozialisierte Kinder früher diagnostiziert werden.

  • Symptome
  • Symptome

    Symptome manifestieren sich in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich. Die Symptome können bereits im Säuglingsalter beginnen und sich im Verlauf der Kindheit, Adoleszenz und ins Erwachsenenalter fortsetzen.

    Die drei Hauptsymptome sind:

    Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität

    Die Aufmerksamkeitsdefizite sind zum Beispiel erkennbar an erhöhter Ablenkbarkeit, beim vorzeitigen Abbrechen von Aufgaben, beim nicht-zu-Ende-Bringen von Tätigkeiten oder an mangelnder Ausdauer bei ein und derselben Tätigkeit.

    Hyperaktivität wird vor allem sichtbar durch stärkeren Bewegungsdrang, der auch dann nicht unterdrückt werden kann, wenn in der Situation ein ruhiges Verhalten verlangt wird. Die Hyperaktivität kann aber auch internalisiert stattfinden und sich somit eher zu einem unruhigen Innenleben statt in der Motorik manifestieren.

    Die Impulsivität, oder auch fehlende Impulskontrolle, zeigt sich überwiegend in unüberlegtem Handeln ohne das Nachdenken über Konsequenzen, in Schwierigkeiten Bedürfnisse aufzuschieben oder im Unterbrechen von Gesprächspartner*innen.

    Diese drei Kardinalsymptome müssen dabei mindestens 6 Monate und vor dem 6. Lebensjahr bestehen. Sie können in unterschiedlichen Ausprägungsformen auftreten, aber müssen dabei deutlich stärker ausgeprägt sein, als dies für das entsprechende Entwicklungsalter typisch wäre. Außerdem müssen die Beeinträchtigungen in mehreren Lebensbereichen zu beobachten sein.


  • Verlauf
  • Verlauf

    Die Symptome können sich durch alle Lebensphasen ziehen. Im Folgenden werden häufige Herausforderung im Zusammenhang mit verschiedenen Lebensphasen aufgezeigt.

    ​Säuglingsalter

    Säuglinge, die später die Diagnose ADHS erhalten, zeigen oft schon früh Anzeichen von Unausgeglichenheit und geringer Anpassungsfähigkeit. Ess- und Schlafprobleme, eine gereizte Stimmung und Bewegungsunruhe können erste Hinweise sein. In diesem Alter ist jedoch keine Differenzialdiagnose möglich, weshalb noch keine Diagnose gestellt werden kann.

    Kindergartenalter

    Im Kindergartenalter treten (vor allem bei männlich sozialisierten Kindern) unangepasstes Verhalten, übermäßiges Herumtoben und ziellose Aktivitäten auf. Kinder mit ADHS zeigen oft eine geringe Ausdauer in Spielsituationen, haben teilweise Defizite beim Erfahrungslernen und neigen zu oppositionellem Verhalten, was ihre soziale Integration erschwert und das Unfallrisiko erhöht.

    Schulalter

    Die kardinalsymptomatische Trias von Aufmerksamkeitsschwäche, Impulsivität und optionaler Hyperaktivität wird im Schulalter meist deutlicher sichtbar, insbesondere durch gesteigerte schulische Anforderungen. Die Konzentrationsprobleme und Impulsivität können den schulischen Erfolg beeinträchtigen und zu sozialen Schwierigkeiten führen.

    Jugendalter

    Im Jugendalter treten zusätzlich zu den ADHS-Symptomen altersspezifische Entwicklungsaufgaben wie die Ablösung vom Elternhaus und die Identitätsfindung auf. Dies kann zu massiven Auseinandersetzungen und erhöhtem Konfliktpotenzial führen, sowie zu risikoreichem Verhalten wie beispielsweise Drogenkonsum oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr.

    Erwachsenenalter

    Langzeitstudien haben gezeigt, dass ADHS eine chronische Erkrankung ist, die oft bis ins Erwachsenenalter persistiert. Während die motorische Hyperaktivität im Laufe der Pubertät in der Regel abnimmt, bleiben Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Impulskontrollprobleme, Reizoffenheit, Desorganisation und Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation bestehen. Häufig berichten Erwachsene zusätzlich über eine innere Unruhe und Getriebenheit. Individuelle Variationen in der Symptomausprägung sind üblich.

    Auswirkungen auf das tägliche Leben

    Die Symptomatik von ADHS kann die soziale Teilhabe behindern und zu unbefriedigenden sozialen Beziehungen führen. Betroffene erleben häufiger Schwierigkeiten in der Schule oder Ausbildung und sind dadurch im Durchschnitt weniger erfolgreich. Dies steigert wiederum das Risiko für Selbstwertprobleme, aggressive Verhaltensweisen, Drogenmissbrauch und Unfälle. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit für ungewollte Schwangerschaften und forensische Probleme.

    Einfluss von Diagnose, Behandlung und Risikofaktoren

    Frühzeitige Diagnose und eine adäquate Behandlung sind entscheidend für einen günstigen Verlauf von ADHS. Positive soziale Kontakte können ebenfalls dazu beitragen, die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern. Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf sind oppositionelles und aggressives Verhalten, häufige Konflikte, niedrige Intelligenz, ein niedriger sozioökonomischer Status der Familie, psychische Störungen der Eltern, familiäre Instabilität sowie ein strafender, inkonsistenter Erziehungsstil.

  • Ressourcen
  • Ressourcen

    Menschen mit ADHS können über beeindruckende Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen, die ihre Leistungsfähigkeit und ihr Potenzial positiv beeinflussen können. Diese Eigenschaften können dazu beitragen, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihren Erfolg in verschiedenen Bereichen zu fördern.

    Sie können sich bei hoher Motivation und Interesse stark auf eine bestimmte Aufgabe oder ein Interessengebiet konzentrieren und zeigen oft eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Hyperfokussieren. Als "Last-Minute-Arbeiter" sind sie oft in der Lage, unter Druck zu arbeiten und Aufgaben erfolgreich zu erledigen. ADHS-Betroffene haben oft eine lebhafte Fantasie und eine starke Neugierde, die ihre Kreativität und ihr Erfindungsreichtum beflügeln. Sie können meist, innovative Lösungen für Probleme finden und neue Ideen entwickeln. Menschen mit ADHS zeigen oft einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sind spontan sowie hilfsbereit. Sie reagieren zuverlässig in schwierigen Situationen und setzen sich aktiv für das Wohl anderer ein. Die Fürsorglichkeit von Menschen mit ADHS zeigt sich in ihrer Empathie und Sensibilität gegenüber anderen. Sie sind oft in der Lage, sich schnell an neue Situationen anzupassen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Trotz Rückschlägen oder Hindernissen zeigen Menschen mit ADHS oft eine bemerkenswerte Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit. Sich wieder aufzurappeln und weiterzumachen, scheint für sie einfacher als für neurotypische Menschen.

    Insgesamt können diese positiven Eigenschaften dazu beitragen, dass Menschen mit ADHS erfolgreich sind und bedeutende Beiträge in verschiedenen Lebensbereichen leisten können. Durch die Förderung dieser Stärken und die Schaffung unterstützender Umgebungen können sie ihr volles Potenzial entfalten und ihre Ziele erreichen.

  • Ursachen
  • Ursachen

    Für die Entstehung der ADHS gibt es keine allumfassende Erklärung. Forschende sind sich einig, dass komplexe Zusammenhänge zu der Entstehung führen. Die Hauptursache wird in Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns vermutet. Bedingungen im sozialen Umfeld (Familie, Kindergarten, Schule) haben ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Ausprägung und den Verlauf der Störung.

     

    Veränderungen in der Funktionsweise des Gehirns durch erbliche Faktoren

    Die Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns werden als wesentlicher Faktor für die typischen Verhaltensweisen gesehen. In der Forschung wird vermutet, dass die Veränderungen der Funktionsweise maßgeblich auf erblichen Faktoren zurückzuführen sind. In einigen Studien konnte bewiesen werden, dass es ein gehäuftes Vorkommen der Symptomatik bei den Kindern gibt, deren Eltern auch ähnliche Verhaltensweisen zeigen oder in ihrer Kindheit gezeigt haben. Weitere Studien mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen lassen ebenfalls auch auf deuten, dass die Erblichkeit ein wichtiger Faktor ist. Eineiige Zwillinge zeigen meist sehr starke Ähnlichkeiten in typischen Verhaltensweisen. Zweieiige Zwillinge, die genetisch nur Geschwistern entsprechen, zeigen wesentlich weniger Ähnlichkeit in diesen Verhaltensweisen. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit von ADHS zwischen Geschwistern größer, als zwischen nicht verwandten Kindern. Unter Verwandten ersten Grades konnte ein doppeltes bis achtfach erhöhtes Risiko festgestellt werden, ebenfalls an ADHS zu erkranken. Bei molekulargenetischen Untersuchungen konnte herausgefunden werden, dass es nicht ein „ADHS-Gen“ gibt, sondern viele Erbinformationen zusammenspielen, die das Auftreten der Störung wahrscheinlicher machen.

     

    Soziale Bedingungen

    Umweltfaktoren haben einen großen Einfluss auf die Intensität der Auffälligkeiten im Verhalten. Die Lebensbedingungen der Betroffenen in Familie, Kita und Schule haben ein erhebliches Ausmaß auf die Symptomatik und den Verlauf. Sie sind laut neuester Studien, jedoch nicht die einzige Ursache der Störung. Durch die Unruhe und das impulsive Verhalten der betroffenen kommt es häufiger zu Grenzüberschreitungen und Regelbrüchen als bei neurotypischen Kindern. Außerdem greifen gängige Erziehungsmaßnahmen oft nicht oder nicht so erfolgreich, was Eltern und Pädagog*innen an ihr erzieherisches Limit bringen kann. Dies führt häufig zu einem Teufelskreis. Ermahnungen und Grenzen werden nicht oder nur kurzfristig beachtet. Dies führt zu mehr, Ermahnungen und mehr Grenzen. Ebenso wie zu härterem Tonfall und mehr Erziehungsmaßnahmen. So kann es passieren, dass die zwischenmenschliche Beziehung zwischen erziehenden Personen und betroffenen Kindern immer schlechter wird. Neben diesen gehäuften negativen Erfahrungen machen die Kinder meist deutlich weniger positive Erfahrungen im Alltag als ihre neurotypischen Altersgenoss*innen. So kann erklärt werden, warum durch die ADHS-Symptomatik in Folge auftretenden Störungen, wie oppositionelles oder aggressives Verhalten wahrscheinlicher werden.

     

    Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenenalter

    Früher vermutete man einen starken Zusammenhang zwischen Komplikationen in Schwangerschaft, Geburt und bei Neugeborenen und typischen Verhaltensweisen. Dies ist heute jedoch widerlegt. Die Mehrzahl an Kindern mit entsprechender Symptomatik hatte in der Schwangerschaft, Geburt oder im Neugeborenenalter keine Komplikationen. Bei Kindern mit Komplikationen tritt die Symptomatik nicht gehäuft auf. Momentan wird davon ausgegangen, dass Frühgeborene mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht (unter 1500 g) ein erhöhtes Risiko haben, entsprechende Verhaltensweisen zu entwickeln. Ebenfalls scheint es einen Zusammenhang zu geben, zwischen der Störung und dem Alkohol- sowie Zigarettenkonsum der Gebärenden während der Schwangerschaft. Das Risiko für die Entwicklung einer ADHS scheint dadurch enorm erhöht zu werden.

     

    Keine Ursache für ADHS: Nahrungsmittel

    Früher wurde auch ein großer Zusammenhang zwischen ADHS und bestimmten Nahrungsmitteln vermutet. Dabei handelte es sich vor allem um Nahrungsmittel wie Zucker, Phosphate, Nahrungsergänzungsmittel wie Farbstoffe und andere Nahrungsmittel, die Allergien auslösen. Neuere Studien zeigen kein Zusammenhang von der Aufnahme von Phosphaten zu der Symptomatik. Zucker und Nahrungsergänzungsmittel scheinen bestenfalls einen minimalen Einfluss auf die Intensität der Symptomatik zu haben. Ein geringer Anteil an Kindern mit ADHS, zeigt jedoch Reaktionen auf normale Nahrungsbestandteile. Insgesamt kann aber davon ausgegangen werden, dass die Nahrung nur einen minimalen Einfluss auf die Ausprägung der Störung hat. Für die Entstehung der Störung scheint die Nahrung jedoch keine Rolle zu spielen.

  • Komorbidität
  • Komorbidität

    Komorbidität beschreibt das häufige gemeinsame Auftreten von verschiedenen Störungen und Krankheiten. Diese können als Folgeerkrankung oder als zusätzliche Grunderkrankung auftreten.

    Bei einer ADHS treten bei bis zu zwei Drittel der betroffenen Kinder und Jugendlichen zusätzliche komorbide Störungen auf. Dazu gehören unter anderem:

    oppositionelle Störung des Sozialverhaltens mit einer Prävalenz von 50%

    Störung des Sozialverhaltens ohne oppositionelle Verhaltensstörung mit einer Prävalenz von 30 bis 50%. 

    Autismus-Spektrum-Störung (20-50%)

    Lern- und Teilleistungsstörungen (10-40%),

    affektive (depressive) Störungen (10-40%)

    Angststörung (30-40%)

    Einschlafstörung (50%)

    Tic-Störung (bis 30%)

    Alkoholmissbrauch (17-45%)

    Drogenmissbrauch (9-30%)

    Nikotinmissbrauch (15-19%)

    Auch bei Erwachsenen persistieren häufig komorbide Störungen. Neben den bereits genannten Störungen im Kindheits- und Jugendalter kommen die dissoziale Persönlichkeitsstörung (18-23%) und die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung (16%) hinzu.
  • Anlaufstellen
  • noch in Bearbeitung...

ADHS - Was ist das?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts-Störung

Es ist eine neurobiologische Störung, die sich durch Probleme in der Aufmerksamkeit, Impulsivität und oft auch Hyperaktivität äußert. Sie betrifft Kinder, Jugendliche und Erwachsene und kann erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben und die schulischen Leistungen haben.

Modediagnose ADHS?

Populistische Medien sprechen immer wieder von der "Modediagnose ADHS". Dabei steht vor allem in Kritik, dass die Prävalenz (d.h. die Häufigkeit der Diagnose im Bezug auf die Gesamtbevölkerung) steigen würde, da die Diagnose zu schnell vergeben werden würde. Klinische Studien zeigen jedoch eher, dass die Erkrankung nicht häufiger auftritt, sondern unter den modernen Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen und den sich verändernden Anforderungen im Schulsystem der Leidensdruck größer wird und somit mehr Betroffene Hilfe suchen. Es ist davon auszugehen, dass es hierbei einen Deckelungseffekt geben wird und die Prävalenz relativ stabil bei ca. 5% stagniert.

Auch zeigt sich die Symptomatik bei Mädchen und weiblich sozialisierten Personen anders als in Diagnostikwerken, wie dem ICD 10 oder dem DSM 5, beschrieben. Die Aufklärung darüber nimmt weiterhin zu. Was dazu führt, dass Frauen* nun vermehrt im Erwachsenenalter und auch Mädchen* und weiblich sozialisierte Kinder früher diagnostiziert werden.

Symptome

Symptome manifestieren sich in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich. Die Symptome können bereits im Säuglingsalter beginnen und sich im Verlauf der Kindheit, Adoleszenz und ins Erwachsenenalter fortsetzen.

Die drei Hauptsymptome sind:

Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität

Die Aufmerksamkeitsdefizite sind zum Beispiel erkennbar an erhöhter Ablenkbarkeit, beim vorzeitigen Abbrechen von Aufgaben, beim nicht-zu-Ende-Bringen von Tätigkeiten oder an mangelnder Ausdauer bei ein und derselben Tätigkeit.

Hyperaktivität wird vor allem sichtbar durch stärkeren Bewegungsdrang, der auch dann nicht unterdrückt werden kann, wenn in der Situation ein ruhiges Verhalten verlangt wird. Die Hyperaktivität kann aber auch internalisiert stattfinden und sich somit eher zu einem unruhigen Innenleben statt in der Motorik manifestieren.

Die Impulsivität, oder auch fehlende Impulskontrolle, zeigt sich überwiegend in unüberlegtem Handeln ohne das Nachdenken über Konsequenzen, in Schwierigkeiten Bedürfnisse aufzuschieben oder im Unterbrechen von Gesprächspartner*innen.

Diese drei Kardinalsymptome müssen dabei mindestens 6 Monate und vor dem 6. Lebensjahr bestehen. Sie können in unterschiedlichen Ausprägungsformen auftreten, aber müssen dabei deutlich stärker ausgeprägt sein, als dies für das entsprechende Entwicklungsalter typisch wäre. Außerdem müssen die Beeinträchtigungen in mehreren Lebensbereichen zu beobachten sein.


Verlauf

Die Symptome können sich durch alle Lebensphasen ziehen. Im Folgenden werden häufige Herausforderung im Zusammenhang mit verschiedenen Lebensphasen aufgezeigt.

​Säuglingsalter

Säuglinge, die später die Diagnose ADHS erhalten, zeigen oft schon früh Anzeichen von Unausgeglichenheit und geringer Anpassungsfähigkeit. Ess- und Schlafprobleme, eine gereizte Stimmung und Bewegungsunruhe können erste Hinweise sein. In diesem Alter ist jedoch keine Differenzialdiagnose möglich, weshalb noch keine Diagnose gestellt werden kann.

Kindergartenalter

Im Kindergartenalter treten (vor allem bei männlich sozialisierten Kindern) unangepasstes Verhalten, übermäßiges Herumtoben und ziellose Aktivitäten auf. Kinder mit ADHS zeigen oft eine geringe Ausdauer in Spielsituationen, haben teilweise Defizite beim Erfahrungslernen und neigen zu oppositionellem Verhalten, was ihre soziale Integration erschwert und das Unfallrisiko erhöht.

Schulalter

Die kardinalsymptomatische Trias von Aufmerksamkeitsschwäche, Impulsivität und optionaler Hyperaktivität wird im Schulalter meist deutlicher sichtbar, insbesondere durch gesteigerte schulische Anforderungen. Die Konzentrationsprobleme und Impulsivität können den schulischen Erfolg beeinträchtigen und zu sozialen Schwierigkeiten führen.

Jugendalter

Im Jugendalter treten zusätzlich zu den ADHS-Symptomen altersspezifische Entwicklungsaufgaben wie die Ablösung vom Elternhaus und die Identitätsfindung auf. Dies kann zu massiven Auseinandersetzungen und erhöhtem Konfliktpotenzial führen, sowie zu risikoreichem Verhalten wie beispielsweise Drogenkonsum oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr.

Erwachsenenalter

Langzeitstudien haben gezeigt, dass ADHS eine chronische Erkrankung ist, die oft bis ins Erwachsenenalter persistiert. Während die motorische Hyperaktivität im Laufe der Pubertät in der Regel abnimmt, bleiben Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Impulskontrollprobleme, Reizoffenheit, Desorganisation und Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation bestehen. Häufig berichten Erwachsene zusätzlich über eine innere Unruhe und Getriebenheit. Individuelle Variationen in der Symptomausprägung sind üblich.

Auswirkungen auf das tägliche Leben

Die Symptomatik von ADHS kann die soziale Teilhabe behindern und zu unbefriedigenden sozialen Beziehungen führen. Betroffene erleben häufiger Schwierigkeiten in der Schule oder Ausbildung und sind dadurch im Durchschnitt weniger erfolgreich. Dies steigert wiederum das Risiko für Selbstwertprobleme, aggressive Verhaltensweisen, Drogenmissbrauch und Unfälle. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit für ungewollte Schwangerschaften und forensische Probleme.

Einfluss von Diagnose, Behandlung und Risikofaktoren

Frühzeitige Diagnose und eine adäquate Behandlung sind entscheidend für einen günstigen Verlauf von ADHS. Positive soziale Kontakte können ebenfalls dazu beitragen, die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern. Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf sind oppositionelles und aggressives Verhalten, häufige Konflikte, niedrige Intelligenz, ein niedriger sozioökonomischer Status der Familie, psychische Störungen der Eltern, familiäre Instabilität sowie ein strafender, inkonsistenter Erziehungsstil.

Ressourcen

Menschen mit ADHS können über beeindruckende Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen, die ihre Leistungsfähigkeit und ihr Potenzial positiv beeinflussen können. Diese Eigenschaften können dazu beitragen, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihren Erfolg in verschiedenen Bereichen zu fördern.

Sie können sich bei hoher Motivation und Interesse stark auf eine bestimmte Aufgabe oder ein Interessengebiet konzentrieren und zeigen oft eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Hyperfokussieren. Als "Last-Minute-Arbeiter" sind sie oft in der Lage, unter Druck zu arbeiten und Aufgaben erfolgreich zu erledigen. ADHS-Betroffene haben oft eine lebhafte Fantasie und eine starke Neugierde, die ihre Kreativität und ihr Erfindungsreichtum beflügeln. Sie können meist, innovative Lösungen für Probleme finden und neue Ideen entwickeln. Menschen mit ADHS zeigen oft einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und sind spontan sowie hilfsbereit. Sie reagieren zuverlässig in schwierigen Situationen und setzen sich aktiv für das Wohl anderer ein. Die Fürsorglichkeit von Menschen mit ADHS zeigt sich in ihrer Empathie und Sensibilität gegenüber anderen. Sie sind oft in der Lage, sich schnell an neue Situationen anzupassen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Trotz Rückschlägen oder Hindernissen zeigen Menschen mit ADHS oft eine bemerkenswerte Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit. Sich wieder aufzurappeln und weiterzumachen, scheint für sie einfacher als für neurotypische Menschen.

Insgesamt können diese positiven Eigenschaften dazu beitragen, dass Menschen mit ADHS erfolgreich sind und bedeutende Beiträge in verschiedenen Lebensbereichen leisten können. Durch die Förderung dieser Stärken und die Schaffung unterstützender Umgebungen können sie ihr volles Potenzial entfalten und ihre Ziele erreichen.

Ursachen

Für die Entstehung der ADHS gibt es keine allumfassende Erklärung. Forschende sind sich einig, dass komplexe Zusammenhänge zu der Entstehung führen. Die Hauptursache wird in Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns vermutet. Bedingungen im sozialen Umfeld (Familie, Kindergarten, Schule) haben ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Ausprägung und den Verlauf der Störung.

 

Veränderungen in der Funktionsweise des Gehirns durch erbliche Faktoren

Die Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns werden als wesentlicher Faktor für die typischen Verhaltensweisen gesehen. In der Forschung wird vermutet, dass die Veränderungen der Funktionsweise maßgeblich auf erblichen Faktoren zurückzuführen sind. In einigen Studien konnte bewiesen werden, dass es ein gehäuftes Vorkommen der Symptomatik bei den Kindern gibt, deren Eltern auch ähnliche Verhaltensweisen zeigen oder in ihrer Kindheit gezeigt haben. Weitere Studien mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen lassen ebenfalls auch auf deuten, dass die Erblichkeit ein wichtiger Faktor ist. Eineiige Zwillinge zeigen meist sehr starke Ähnlichkeiten in typischen Verhaltensweisen. Zweieiige Zwillinge, die genetisch nur Geschwistern entsprechen, zeigen wesentlich weniger Ähnlichkeit in diesen Verhaltensweisen. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit von ADHS zwischen Geschwistern größer, als zwischen nicht verwandten Kindern. Unter Verwandten ersten Grades konnte ein doppeltes bis achtfach erhöhtes Risiko festgestellt werden, ebenfalls an ADHS zu erkranken. Bei molekulargenetischen Untersuchungen konnte herausgefunden werden, dass es nicht ein „ADHS-Gen“ gibt, sondern viele Erbinformationen zusammenspielen, die das Auftreten der Störung wahrscheinlicher machen.

 

Soziale Bedingungen

Umweltfaktoren haben einen großen Einfluss auf die Intensität der Auffälligkeiten im Verhalten. Die Lebensbedingungen der Betroffenen in Familie, Kita und Schule haben ein erhebliches Ausmaß auf die Symptomatik und den Verlauf. Sie sind laut neuester Studien, jedoch nicht die einzige Ursache der Störung. Durch die Unruhe und das impulsive Verhalten der betroffenen kommt es häufiger zu Grenzüberschreitungen und Regelbrüchen als bei neurotypischen Kindern. Außerdem greifen gängige Erziehungsmaßnahmen oft nicht oder nicht so erfolgreich, was Eltern und Pädagog*innen an ihr erzieherisches Limit bringen kann. Dies führt häufig zu einem Teufelskreis. Ermahnungen und Grenzen werden nicht oder nur kurzfristig beachtet. Dies führt zu mehr, Ermahnungen und mehr Grenzen. Ebenso wie zu härterem Tonfall und mehr Erziehungsmaßnahmen. So kann es passieren, dass die zwischenmenschliche Beziehung zwischen erziehenden Personen und betroffenen Kindern immer schlechter wird. Neben diesen gehäuften negativen Erfahrungen machen die Kinder meist deutlich weniger positive Erfahrungen im Alltag als ihre neurotypischen Altersgenoss*innen. So kann erklärt werden, warum durch die ADHS-Symptomatik in Folge auftretenden Störungen, wie oppositionelles oder aggressives Verhalten wahrscheinlicher werden.

 

Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenenalter

Früher vermutete man einen starken Zusammenhang zwischen Komplikationen in Schwangerschaft, Geburt und bei Neugeborenen und typischen Verhaltensweisen. Dies ist heute jedoch widerlegt. Die Mehrzahl an Kindern mit entsprechender Symptomatik hatte in der Schwangerschaft, Geburt oder im Neugeborenenalter keine Komplikationen. Bei Kindern mit Komplikationen tritt die Symptomatik nicht gehäuft auf. Momentan wird davon ausgegangen, dass Frühgeborene mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht (unter 1500 g) ein erhöhtes Risiko haben, entsprechende Verhaltensweisen zu entwickeln. Ebenfalls scheint es einen Zusammenhang zu geben, zwischen der Störung und dem Alkohol- sowie Zigarettenkonsum der Gebärenden während der Schwangerschaft. Das Risiko für die Entwicklung einer ADHS scheint dadurch enorm erhöht zu werden.

 

Keine Ursache für ADHS: Nahrungsmittel

Früher wurde auch ein großer Zusammenhang zwischen ADHS und bestimmten Nahrungsmitteln vermutet. Dabei handelte es sich vor allem um Nahrungsmittel wie Zucker, Phosphate, Nahrungsergänzungsmittel wie Farbstoffe und andere Nahrungsmittel, die Allergien auslösen. Neuere Studien zeigen kein Zusammenhang von der Aufnahme von Phosphaten zu der Symptomatik. Zucker und Nahrungsergänzungsmittel scheinen bestenfalls einen minimalen Einfluss auf die Intensität der Symptomatik zu haben. Ein geringer Anteil an Kindern mit ADHS, zeigt jedoch Reaktionen auf normale Nahrungsbestandteile. Insgesamt kann aber davon ausgegangen werden, dass die Nahrung nur einen minimalen Einfluss auf die Ausprägung der Störung hat. Für die Entstehung der Störung scheint die Nahrung jedoch keine Rolle zu spielen.

Komorbidität

Komorbidität beschreibt das häufige gemeinsame Auftreten von verschiedenen Störungen und Krankheiten. Diese können als Folgeerkrankung oder als zusätzliche Grunderkrankung auftreten.

Bei einer ADHS treten bei bis zu zwei Drittel der betroffenen Kinder und Jugendlichen zusätzliche komorbide Störungen auf. Dazu gehören unter anderem:

oppositionelle Störung des Sozialverhaltens mit einer Prävalenz von 50%

Störung des Sozialverhaltens ohne oppositionelle Verhaltensstörung mit einer Prävalenz von 30 bis 50%. 

Autismus-Spektrum-Störung (20-50%)

Lern- und Teilleistungsstörungen (10-40%),

affektive (depressive) Störungen (10-40%)

Angststörung (30-40%)

Einschlafstörung (50%)

Tic-Störung (bis 30%)

Alkoholmissbrauch (17-45%)

Drogenmissbrauch (9-30%)

Nikotinmissbrauch (15-19%)

Auch bei Erwachsenen persistieren häufig komorbide Störungen. Neben den bereits genannten Störungen im Kindheits- und Jugendalter kommen die dissoziale Persönlichkeitsstörung (18-23%) und die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung (16%) hinzu.

noch in Bearbeitung...